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PMS kennen viele, aber was ist PMDS oder PMDD? Zyklus Power mit Franzi Ruhnau
Franzi von Zyklus Power klärt auf: PMS (prämenstruelles Syndrom) kennen viele menstruierende Menschen. Aber was ist PMDS (prämenstruelle dysphorische Störung)? Franzi erzählt uns ihre persönliche Geschichte, die sie zur Mission gemacht hat mehr Menschen über Zykluswissen aufzuklären. Sie hat die Plattform ZYKLUS POWER ins Leben gerufen und coacht Angestellte in Unternehmen, Menstruierende und ihre Liebsten, wie sie achtsamer mit sich umgehen können.
Während beide Zustände durch zyklische Symptome geprägt sind, unterscheiden sie sich deutlich in ihrer Schwere und den Auswirkungen auf den Alltag.
Franzi, wie schön, dass du Zeit für ein Interview hast. Erzähle uns doch mal deine persönliche Geschichte!
Danke, ich freue mich riesig, hier zu sein! Meine Geschichte mit PMDS begann, bevor ich überhaupt wusste, dass es diese Störung gibt. Über Jahre hinweg hatte ich das Gefühl, mein Leben in 10-14 „gute Tage“ pro Monat quetschen zu müssen. Die restliche Zeit war geprägt von dunklen Gedanken, heftigen Stimmungsschwankungen, Suizidgedanken und völliger Erschöpfung. Ich dachte, ich sei einfach nicht belastbar genug, um ein normales Leben zu führen. Kein Arzt konnte mir helfen, und ich war am Ende meiner Kräfte. Der Wendepunkt kam, als ich PMDS entdeckt habe und begann meinen Zyklus zu tracken. Meine Symptome hatten endlich einen Namen – und es gab Möglichkeiten, damit umzugehen. Diese Erkenntnis hat nicht nur mein persönliches Leben verändert, sondern auch meine Sicht auf Arbeit, Belastbarkeit und Erfolg revolutioniert.
Wie hast du dann Hilfe gefunden, und was hast du in deinem Leben verändert?
Der Gamechanger war das Tracking meines Zyklus.2 Erst dadurch konnte ich die Muster erkennen und begreifen, dass meine „Doomsdays“ mit meiner zweiten Zyklushälfte zusammenhingen. Als ich dann von PMDS erfuhr, fiel alles wie ein Puzzle zusammen. Ich begann, mich intensiv mit den Zusammenhängen zwischen Zyklus und Psyche zu beschäftigen, meine Ernährung umzustellen, Grenzen zu setzen und vor allem: meine mentale und körperliche Gesundheit endlich ernst zu nehmen. Heute weiß ich, dass es Wege gibt, mit PMDS umzugehen – und diese Erkenntnis hat nicht nur mein Leben, sondern auch meine Ehe gerettet.
Was ist PMS (Prämenstruelles Syndrom)?
PMS umfasst körperliche und emotionale Beschwerden, die typischerweise ein bis zwei Wochen vor der Menstruation auftreten und sich nach Beginn der Blutung bessern. Etwa 25 % aller menstruierenden Menschen erleben PMS in unterschiedlicher Intensität.Die genauen Mechanismen sind nicht vollständig verstanden, doch Hormonschwankungen – insbesondere bei Östrogen und Progesteron – spielen eine zentrale Rolle. Auch Faktoren wie Stress, Ernährungsgewohnheiten und Lebensstil können die Beschwerden beeinflussen.
Typische Symptome von PMS:
- Körperlich: Blähungen, Brustspannen, Kopfschmerzen, Wassereinlagerungen, Übelkeit
- Emotional/psychisch: Reizbarkeit, Stimmungsschwankungen, Schlafprobleme, Energiemangel
- Verhalten: Heißhungerattacken, gesteigerte Stressanfälligkeit, eingeschränkte soziale Interaktionen
Mir ist super wichtig klarzustellen: PMS ist keine psychische Störung und lässt sich oft mit kleinen Anpassungen in der Ernährung, Bewegung und Selbstfürsorge lindern.Und: Die prämenstruelle Phase hat nicht nur negative Seiten, sie steckt auch voller Superpowers3, die dir helfen, das, was dir wirklich wichtig ist, klarer zu sehen.
Was ist PMDS (Prämenstruelle Dysphorische Störung)?
PMDS oder im Englischen PMDD (Premenstrual dysphoric disorder (PMDD)) ist eine schwerere Form von PMS und betrifft zwischen 3 % und 8 % aller menstruierenden Menschen, das sind bis zu 2,6 Millionen Menschen im deutschsprachigen Raum. Vergleichbar mit der Verbreitung von Diabetes, bloß mit dem Unterschied, dass davon schon jede:r mal gehört hat.
Anders als PMS steht bei PMDS die Psyche im Vordergrund: Symptome wie Depressionen, Angstzustände, Reizbarkeit oder das Gefühl, von allem überwältigt zu sein, sind typisch. Diese Symptome treten in der Lutealphase (zweite Zyklushälfte) auf und verschwinden mit Beginn der Menstruation. Besonders wichtig: PMDS ist keine Charakterschwäche, sondern eine starke Reaktion des Gehirns auf natürliche hormonelle Veränderungen.
Mindestens fünf Symptome müssen vorliegen, davon eines aus dem emotionalen Bereich:
- Emotionale Symptome: Stimmungsschwankungen, depressive Verstimmung, Angst, erhöhte Konfliktbereitschaft
- Körperliche Symptome: Brustspannen, Blähungen, Gelenkschmerzen
- Verhaltenssymptome: Konzentrationsprobleme, Schlafstörungen, Appetitveränderungen
Was genau kann man tun, wenn man die Symptome bei sich beobachtet?
PMS und PMDS sind weit verbreitete, aber unterschiedliche Herausforderungen, die menstruierende Menschen betreffen können.
Für beide gilt: Track yourself before you wrack yourself. Tracke deinen Zyklus und lerne deine ganz eigenen Muster ganz genau kennen! Das liefert nicht nur dir AHA-Momente, sondern auch deinen Ärzt:innen eine fundierte Grundlage für Diagnose und Behandlung.
Schreibe mindestens zwei bis drei Zyklen lang auf, wann deine Symptome auftreten, wie stark sie sind und wann sie wieder abklingen. Apps, Notizen im Handy, ein kleines Tagebuch oder mein Tracking Sheet4 helfen dir dabei.
PMS kannst du gut mit diesen Stellschrauben behandeln:
- Ernährung: Ausreichend Vitamine und Mineralstoffe wie Magnesium oder Vitamin B6 können den Hormonhaushalt positiv beeinflussen.
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität fördert die Durchblutung und hilft, Stress abzubauen.
- Stressmanagement: Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation wirken ausgleichend.
- Individuelle Strategien: Es ist wichtig, verschiedene Ansätze zu testen und auf die Signale des eigenen Körpers zu hören.
PMDS braucht oft gezielte medizinische Behandlung. Wer unter Symptomen leidet, sollte nicht zögern, ärztlichen Rat einzuholen – beide Zustände sind behandelbar und müssen nicht einfach akzeptiert werden.
Bei PMDS ist besonders wichtig, ärztlichen Rat zu suchen, um andere Ursachen auszuschließen (z. B. Schilddrüsenerkrankungen oder Depressionen).
Neben der Diagnose gibt es Maßnahmen, die dir auch bei PMDS helfen können:
- Ernährung anpassen: Weniger Zucker, Alkohol und verarbeitete Lebensmittel, mehr frische Nährstoffe wie Magnesium und Vitamin D.
- Bewegung: Sanfte Bewegung wie Yoga oder Spaziergänge können den Stress reduzieren.
- Stressmanagement: Entspannungstechniken wie Atemübungen oder Meditation sind besonders hilfreich.
Und ganz wichtig: Sei geduldig mit dir selbst – es braucht Zeit, bis du deinen Weg findest.
Warnsignale, bei denen du sofort professionelle Hilfe suchen solltest
Wenn du merkst, dass du unter Suizidgedanken leidest oder das Gefühl hast, keinen Ausweg mehr zu sehen, suche bitte sofort Hilfe. Sprich mit deinem Arzt oder deiner Ärztin, ruf die Telefonseelsorge (in Deutschland z. B. 0800 111 0 111) an oder kontaktiere einen Krisendienst. Du bist nicht allein, und es gibt Menschen, die dir helfen möchten.
Wie funktioniert die Diagnose und Behandlung von PMDS?
Die Diagnose basiert auf klaren Kriterien. Hier eine Checkliste der Symptome, von denen mindestens fünf auftreten müssen (eins davon aus den fett markierten „Kernsymptomen“):
- Depressive Verstimmung, Hoffnungslosigkeit, Schuldgefühle
- Angst, Anspannung oder starke Reizbarkeit
- Stimmungsschwankungen (z. B. Weinen, plötzliche Traurigkeit)
- Reizbarkeit oder Wut, häufig mit Konflikten verbunden
- Vermindertes Interesse an Aktivitäten
- Konzentrationsprobleme („Brain Fog“)
- Energielosigkeit oder starke Müdigkeit
- Veränderungen des Appetits (Heißhunger oder Appetitlosigkeit)
- Schlafstörungen (z. B. Schlaflosigkeit oder verstärkter Schlafbedarf)
- Gefühl des Kontrollverlusts oder Überwältigung
- Körperliche Beschwerden wie Brustspannen, Gelenk- oder Muskelschmerzen
Die Symptome müssen an den meisten Zyklen eines Jahres in der Lutealphase auftreten und mit der Menstruation verschwinden. Zur Behandlung gehören Lebensstiländerungen, Therapien (z. B. kognitive Verhaltenstherapie, Zykluscoaching) und in manchen Fällen Medikamente wie SSRIs. Es gibt leider keine schnelle Lösung, aber mit Geduld und der richtigen Unterstützung kannst du deinen Weg finden.
Genau darüber schreibe ich gerade ein Buch (hier geht's zur Warteliste). Darin zeige ich dir, wie dein Zyklus der Schlüssel zu deiner mentalen Gesundheit sein kann. Und wie du elegant durch die schlimmen PMS und PMDS Tage durchkommen kannst, ohne jedes Mal dein Leben in Frage zu stellen oder unglaublich viel Schaden in deinem sozialen Umfeld anzurichten.
Mit welchem Mythos würdest du gerne aufräumen?
Dass PMS und PMDS dasselbe sind – das ist schlichtweg falsch, wie ihr ja gerade gelernt habt! PMS kann sehr belastend sein. PMDS ist dennoch keine “schlimme Form von PMS", sondern eine ernsthafte, zyklusbedingte Störung, die durch die natürlichen Hormonveränderungen in der zweiten Zyklushälfte ausgelöst wird.
Es gibt dafür sogar eine eigenständige Diagnose im ICD-11.5 Dort ist PMDS offiziell als gynäkologische Erkrankung anerkannt, die sowohl den Körper als auch die Psyche betrifft. Das zeigt, wie komplex die Verbindung zwischen Hormonen und Gehirn ist. Und nein, Menstruierende müssen nicht einfach damit klarkommen oder „durchhalten“. PMDS ist real, biologisch erklärbar und verdient ernsthafte Aufmerksamkeit – und vor allem die richtige Unterstützung. Niemand sollte mit diesen Symptomen allein gelassen werden!
Erkläre doch noch mal was du bei ZYKLUS POWER machst und wie deine Leistung aussieht!
Bei ZYKLUS Power arbeite ich sowohl auf individueller als auch auf systemischer Ebene. Für Einzelpersonen biete ich 1:1-Coachings an, die dabei helfen, den Zyklus als Ressource zu nutzen, sei es zur Bewältigung von PMDS oder zur allgemeinen Steigerung von Lebensqualität und Resilienz.
Gleichzeitig bringe ich das Bewusstsein für zyklisches Leben und Arbeiten in die Arbeitswelt. Ich unterstütze Teams und Führungskräfte dabei, zyklusfreundliche Strukturen zu schaffen – etwa durch Regenerative Leadership, flexiblere Zeitmodelle oder ein besseres Verständnis für mentale und körperliche Rhythmen. Meine Erfahrung in NGOs, öffentlicher Verwaltung und großen Unternehmen hilft mir, Brücken zwischen persönlicher Gesundheit und nachhaltigen Arbeitskonzepten zu schlagen.
Was sind deine wichtigsten Erkenntnisse, was möchtest du Frauen mit auf den Weg geben?
Das Leben wird so viel geiler, wenn du Frieden mit deinem Körper – und deinem Zyklus – schließt. Unsere Gesellschaft, die linear, leistungsorientiert und oft gnadenlos ist, hat uns diesen natürlichen Rhythmus regelrecht abtrainiert. Sich auszuruhen, ohne Schuldgefühle, und den eigenen Bedürfnissen zu folgen, ist ein rebellischer Akt. Doch hier ist die Wahrheit: Pausen sind kein Luxus, sondern ein zentraler Bestandteil von echter Produktivität. Alles andere ist eine Lüge.
Meine wichtigste Botschaft: Du bist nicht verrückt. Du bist zyklisch. Aber du lebst in einer Welt, die das nicht anerkennt. Und weil so viele von uns nie gelernt haben, die Vorgänge in ihren Körpern zu verstehen, entsteht ein Großteil unseres Leidens. Das muss nicht so sein! Es gibt auch für dich eine Lösung und den Weg zu einem Leben, das sich viel besser anfühlt.
Dein Zyklus ist ehrlich – er ist wie ein Spiegel und eine Lupe. Er zeigt dir, wie du lebst, liebst und arbeitest. Statt ihn als Schwäche abzutun, sollten wir seine Kraft nutzen: für persönliche Transformation und für eine menschlichere Arbeitswelt. Unsere Körper tragen den Schlüssel zu einer regenerativen, menschenfreundlichen Zukunft. Lasst uns auf sie hören!
Für dich persönlich bedeutet das: Du bist nicht schwach oder „kaputt“. Dein Körper sendet dir Signale – und sie wollen gehört werden. Wenn du deinen Zyklus verstehst, findest du den Schlüssel zu einem erfüllteren Leben.
Für Unternehmen heißt das: Zyklische Arbeitsmodelle bedeuten nicht weniger Leistung – sie stehen für nachhaltige Effizienz. Wenn Menschen in ihrem natürlichen Rhythmus arbeiten dürfen, profitieren nicht nur sie selbst, sondern das ganze Team. Besseres Klima, mehr Kreativität, nachhaltiger Erfolg – das sind die Ergebnisse, wenn wir zyklisches Denken in die Arbeitswelt holen.
Es ist Zeit, mit deinem Körper und deinem Zyklus eine Allianz zu schmieden – für mehr Lebensqualität, mehr Resilienz und echte Veränderung.
Quellen
(1) https://zykluspower.de/
(2) https://zykluspower.de/60-sekunden-die-dein-leben-verandern/
(3) https://zykluspower.de/put-your-bullshitometer-on-pms-und-dein-zyklischer-herbst/
(4) https://0d3e397a.sibforms.com/serve/MUIFAAxPhMcWv6cyc1j8l72i02LIFtR67QoSLwWYLV_hIrHbF4L1d0ILI9HHKwVANp-E2NfiKrWe-Qj1CMmszDQuLnNjfJAX-mtfwemh5iOgam7H2vxrUkwgVRJOrCqCs5I8JK5t8lY6bxjiw64saoEU8qtu6nkwfozHFMBcSOHAHN5VEWIntuuAyVzb-PiQxZLQ3KBcbUR-5791
(5) https://www.researchgate.net/publication/361590403_Die_Pramenstruelle_Dysphorische_Storung_PMDS_Eine_neue_Diagnose_in_der_ICD-11
Artikel von Susanne Feldt, reviewed von Franzi Ruhnau, Perioden-Coach