Erfahrungsberichte: Burnout & depressive Verstimmung im Kontext von Arbeit
Persönliche Geschichten über die Wechseljahre, die Mitte des Lebens und Frauen im Berufsleben
Ein Interview mit Dip. Psychologin Sandra Tschöpe, Wechseljahres-Influencerin Annunziata Schnurbein & Vodaphone Pressesprecherin Dr. Ute Brambrink
Reise durch die Wechseljahre: Annunziata Schnurbein
Um die Auswirkungen der Wechseljahre auf das Berufsleben besser zu verstehen, ist es hilfreich, persönliche Berichte zu betrachten. Annunziata, eine 41-jährige Frau, die seit vier Jahren in der Perimenopause ist, teilt ihre Geschichte. Sie betreibt den Instagram-Account PeriHub, auf dem sie Informationen über die Perimenopause bereitstellt.
Fehldiagnosen und Herausforderungen
Für Annunziata war der Weg zur richtigen Diagnose und Behandlung lang und mühsam. Zunächst wurde sie mit Burnout und später mit moderater Depression falsch diagnostiziert. Weder sie noch die Ärzte erkannten zunächst, dass ihre Symptome mit den Wechseljahren zusammenhingen.
„Persönlich haben mich diese nicht erkannten Wechseljahresbeschwerden völlig aus der Bahn geworfen“, berichtet Annunziata. „Ich war drei Monate krankgeschrieben und konnte, obwohl ich wieder arbeiten konnte, dies nur mit Hilfe eines Antidepressivums tun. Auch wenn die Symptome behandelt wurden, fühlte ich mich immer noch miserabel.“
Der weg zur richtigen Therapie
Erst nach insgesamt 20 Arztbesuchen und einer Odyssee von acht bis zwölf Monaten erhielt Annunziata die richtige Diagnose. Als sie bereit war, private Therapiekosten zu tragen, wurde die Ursache ihrer Beschwerden schließlich als Wechseljahre identifiziert.
„Ich bin ein sehr gutes Beispiel dafür, wie die richtige Therapie, in meinem Fall eine identische Hormonersatztherapie, über Nacht wirken kann“, berichtet Annunziata. „Nach einem Jahr unnötigen Leidens haben sich meine Symptome dank der richtigen Behandlung erheblich verbessert.“
Offenheit und Aufklärung als Schlüssel
Annunziatas Geschichte verdeutlicht die Notwendigkeit, die Wechseljahre aus der Tabuzone herauszuholen und offen darüber zu sprechen. Viele Frauen wissen nicht, dass ihr Risiko für Depressionen in dieser Phase um 40 % steigt und erkennen die Zusammenhänge nicht.
Motiviert durch ihre Erfahrungen gründete Annunziata den Instagram-Account „PeriHub“, auf dem sie ihre Erfahrungen teilt und über psychische Symptome der Wechseljahre aufklärt. „Wir können enorm profitieren, auch wenn wir so miserabel waren wie ich“, betont sie.
Perspektive einer Psychotherapeutin: Sandra Tschöpe
Sandra Tschöpe, psychologische Psychotherapeutin mit Schwerpunkt Frauengesundheit, beleuchtet die psychischen Auswirkungen der Wechseljahre aus professioneller Perspektive.
Hormonelle Einflüsse auf die Psyche
„Mit dem Beginn der Perimenopause sinken die Hormone Östrogen, Progesteron und Testosteron“, erklärt Sandra. „Östrogen spielt eine wichtige Rolle im Gehirn und reguliert Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Stimmung. Wenn es abnimmt, geht dieser Schutz für Nervenzellen verloren.“
Progesteron, das beruhigende und angstreduzierende Wirkungen hat, sinkt ebenfalls. Dieser Hormonmangel kann zu Konzentrationsstörungen, Stimmungsschwankungen und vagen Ängsten führen, die sich in einem depressiven Grübelzyklus äußern.
Ganzheitliche Betrachtung der Lebenssituation
Sandra betont die Bedeutung, die gesamte Lebenssituation einer Frau zu betrachten. „Wir haben überprüft, ob sie das Klavier wirklich tragen muss, oder ob sie auch öfter die Notenblätter tragen könnte“, veranschaulicht sie.
Die Fähigkeit, Grenzen zu setzen und die eigenen Bedürfnisse zu erkennen, ist entscheidend, um die Herausforderungen der Wechseljahre zu bewältigen. Ein therapeutischer Kontext kann hilfreich sein, um Strategien für Stressbewältigung und Selbstfürsorge zu entwickeln.
Vodafone als Vorreiter: Dr. Ute Brambrink
Dr. Ute Brambrink, Sprecherin bei Vodafone, erläutert, wie das Telekommunikationsunternehmen das Thema Wechseljahre in seine Unternehmenskultur integriert hat.
Initiativen des Mutterunternehmens
Die Initiative kam vor dreieinhalb Jahren von Vodafone’s Muttergesellschaft in London. Eine Studie unter weiblichen Mitarbeitern ergab, dass 66 % der Frauen durch Wechseljahre in ihrer Arbeit betroffen waren, 53 % Unterstützung wünschten und 50 % das Thema noch als Tabu betrachteten.
Aufklärungsmaßnahmen
Als Antwort entwickelte Vodafone ein „Toolkit“ mit Informationen über Wechseljahre, Gesprächsleitfäden und Unterstützungsoptionen. Zusätzlich wurden E-Learning-Kurse und interne Kommunikationskampagnen gestartet, um das Bewusstsein für das Thema zu schärfen.
„Die Zeit der Scham ist vorbei“, lautet das Motto einer Plakatkampagne, die darauf abzielt, Mitarbeiter zu ermutigen, offen über ihre Beschwerden zu sprechen.
Unternehmenskultur und Flexibilität als Schlüssel
Ute Brambrink betont die Bedeutung einer respektvollen Unternehmenskultur und flexibler Arbeitsmodelle. „Wenn ich schlecht geschlafen habe, brauche ich vielleicht morgens zwei zusätzliche Stunden“, veranschaulicht sie. „Oder ich mache am Nachmittag eine dreistündige Pause und bin abends wieder fit.“ Homeoffice-Optionen und die Offenheit, die eigene Situation mit Vorgesetzten zu besprechen, sind „unbezahlbar“ für Frauen in den Wechseljahren.
Gleichstellung und Fachkräftemangel
Aus der Perspektive von Ute Brambrink ist die Unterstützung weiblicher Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren nicht nur eine Frage der Fürsorge, sondern auch eine wirtschaftliche Überlegung.
Vermeidung von Fachkräftemangel
„Wenn wir diese Frauen verlieren, wäre das grob fahrlässig“, betont sie. „Es wäre schade, wertvolle Mitarbeiterinnen zu verlieren, nur weil wir sie in dieser Phase nicht unterstützt haben.“ Besonders im Hinblick auf den Fachkräftemangel und die alternde Belegschaft ist es entscheidend für Unternehmen, erfahrene Mitarbeiterinnen zu halten und zu unterstützen.
Gleichheit und Karrierechancen
Darüber hinaus spielt die Unterstützung von Frauen in den Wechseljahren eine wesentliche Rolle bei der Gleichstellung und Karriereförderung. Viele Frauen reduzieren ihre Arbeitsstunden oder verzichten auf Beförderungen in dieser Phase, weil sie sich den Anforderungen nicht gewachsen fühlen. Durch gezielte Maßnahmen können Unternehmen Frauen helfen, ihre Karriereziele zu verfolgen und ihr volles Potenzial auch in dieser Lebensphase auszuschöpfen.
Ausblick: Ganzheitliche Ansätze zur psychischen Gesundheit
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Unterstützung von Mitarbeiterinnen in den Wechseljahren ein wichtiger Bestandteil der Förderung der psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz ist. Dies sollte jedoch Teil eines ganzheitlichen Ansatzes sein, der verschiedene Aspekte der psychischen Gesundheit berücksichtigt. Unternehmen sollten daher eine umfassende Strategie zur Förderung der psychischen Gesundheit entwickeln, die neben den Wechseljahren auch andere Faktoren wie chronische Krankheiten, Burnout-Prävention und eine ausgewogene Work-Life-Balance anspricht. Ein ganzheitlicher Ansatz, der sich auf Bildung, Verständnis und individuelle Unterstützung konzentriert, kann dazu beitragen, dass Mitarbeiter sich wertgeschätzt und gestärkt fühlen, und das in allen Lebensphasen.
Letztendlich profitieren sowohl Unternehmen als auch Mitarbeiter von einer Kultur der Offenheit und Fürsorge. Durch die Anerkennung und aktive Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der Wechseljahre schaffen Arbeitgeber nicht nur ein positives Arbeitsumfeld, sondern sichern auch die langfristige Bindung und Leistung ihrer Belegschaft.
Erfahre mehr darüber was Arbeitgeber:innen tun können
unter Link zum zweites Teil des Interviews
Möchtest du das Panel noch einmal in voller Länge ansehen? Du kannst es auf unserem YouTube-Kanal „Mentale Gesundheit, Wechseljahre und Arbeitsplatz“ tun.
Wir unterstützen Arbeiter:innen darin ihre Mitarbeiterinnen bestmöglich zu fördern. Datenschutzkonform, selbstbestimmt, wirksam.Besuche: app.hermaid.me
hermaid wird als Mitarbeiterinnen-Benefitsprogramm angeboten, um Frauen in den Wechseljahren zu unterstützen:
Vorteile eines hermaid Mitarbeiterinnen-Benefitprogramms:
- Verbessertes Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen: hermaid bietet Informationen, Beratung und Unterstützung zu allen Aspekten der Wechseljahre, was das körperliche und seelische Wohlbefinden der Mitarbeiterinnen fördert.
- Gesteigerte Motivation und Produktivität: Wenn Frauen ihre Wechseljahresbeschwerden besser managen können, steigt ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit.
- Reduzierte Fehlzeiten: hermaid hilft dabei, gesundheitsbedingte Fehlzeiten zu reduzieren, indem Frauen frühzeitig Unterstützung erhalten und ihre Beschwerden besser in den Griff bekommen.
- Stärkung des Employer Brandings: Ein Unternehmen, das die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner Mitarbeiterinnen fördert, ist attraktiver für potenzielle Bewerberinnen.
- Verbesserte Unternehmenskultur: hermaid trägt dazu bei, eine offene und inklusive Unternehmenskultur zu schaffen, in der über die Wechseljahre gesprochen werden kann und Frauen die Unterstützung erhalten, die sie benötigen.