Bioidentische vs synetische Hormone: Was bedeutet das?

Bioidentische vs synetische Hormone: Was bedeutet das?

Bioidentisch, körperidentisch, naturidentisch, synthetisch – was bedeutet das eigentlich alles? Beim Thema Hormone und Hormonersatztherapie (HRT) kommen immer wieder verschiedene Begriffe vor, die oft für Verwirrung sorgen.

Wir haben die Gynäkologin Claudia Sievers interviewt, um die Unterschiede zwischen den verschiedenen Hormonarten und ihre jeweiligen Anwendungsgebiete zu verstehen. Sie erklärt, welche Hormone sich für die HRT eignen, welche Vor- und Nachteile sie haben und worauf Frauen bei der Wahl der Therapie achten sollten.


Claudia Sievers ist niedergelassene Frauenärztin in München und Expertin für ganzheitliche Frauenheilkunde. Mit langjähriger Erfahrung begleitet sie Frauen in allen Lebensphasen – von der Pubertät bis ins hohe Alter – und setzt dabei einen besonderen Schwerpunkt auf die Unterstützung und Beratung in den Wechseljahren. Ihr Ansatz verbindet medizinisches Fachwissen mit Empathie und einem tiefen Verständnis für individuelle Bedürfnisse. Sie entwickelt mit ihren Patientinnen maßgeschneiderte Gesundheitsstrategien, die nicht nur den Körper stärken, sondern auch Geist und Seele ins Gleichgewicht bringen. Claudia Sievers ist zudem engagiert in der Weiterbildung und Aufklärung zu gynäkologischen Themen, um Frauen dabei zu helfen, mutig und selbstbestimmt ihren Weg zu gehen.


Der Begriff „bioidentisch“ - auch naturidentisch oder körperidentisch oder humanidentisch - beschreibt Hormone, die chemisch dieselbe (Molekül-)Struktur haben wie die menschlichen Hormone. 

Im Gegensatz dazu gibt es Hormone, die einige ähnliche Wirkungen entfalten, aber durch leichte Veränderung im Labor noch zusätzliche Eigenschaften bekommen haben, wie z.B. ihre Wirkung gg Akne oder ihre Fähigkeit, den Eisprung zu unterdrücken. Sie werden der sprachlichen Einfachheit halber oft als „synthetisch“ bezeichnet, eben weil man sie im Labor künstlich neu zusammengesetzt (=synthetisiert) hat und sie mit zusätzlichen Wirkungen versehen hat. 

Aber auch die bioidentischen Hormone kommen nicht frei in der Natur vor. Sowohl für die künstlichen wie auch für die bioidentischen Hormone werden pflanzliche Vorstufen aus der Yamswurzel (Diosgenin) oder Sojabohne (Stigmasterin) genutzt. Je nach Auftrag wird dann im Labor entweder daraus das bioidentische Hormon oder etwa das künstlich veränderte Hormon hergestellt. 

Allgemein hat es sich aber so eingebürgert, von „synthetischen“ Hormonen zu sprechen, wenn die künstlich veränderten Hormone gemeint sein.

Entscheidend ist also schlussendlich, was das Labor am Ende draus macht macht. 

„Die Antibabypille ist somit letztlich genauso sehr oder wenig „pflanzlich“ wie das bioidentische Hormon. Darum ist es irreführend, wenn man bei bioidentischen Hormonen betont, dass sie „pflanzlich“ sind. Das ist nicht ihr Vorteil oder ihr Markenzeichen“ – Claudia Sievers, Frauenärztin und hermaid Beraterin 

Sondern? 

„Der größte Vorteil bioidentischer Hormone liegt in ihrer „Menschlichkeit“, Nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip erkennt der menschliche Körper sie wie seine eigenen Hormone an (Schlüssel), und sie lösen im Körper dieselben Wirkungen (Schloss) - oder auch Nebenwirkungen - aus wie die vom Körper selbst produzierten Hormone."

Bioidentische vs. synthetische Hormone

Eine moderne Hormontherapie (HT) zielt darauf ab, die niedrigst mögliche wirksame Dosis für den kürzest nötigen Zeitraum einzusetzen. Der Begriff „Individuelle Hormontherapie" bezieht sich auf eine individuell angepasste Hormontherapie, die auf die spezifischen Bedürfnisse der Patientin abgestimmt ist. 

  • Bioidentische Hormone sind in unterschiedlichen Anwendungsformen auf dem Markt und können somit flexibel dosiert und an die individuellen Bedürfnisse angepasst werden. Die transdermale Anwendung ist besonders vorteilhaft, da sie die Leber umgeht und das Risiko für Nebenwirkungen - insbesondere Thrombosen und Schlaganfälle - minimiert.1
  • Synthetische Hormone, obwohl weniger flexibel, können in standardisierten Dosen eine geeignete Option für bestimmte Patientinnen sein. Ihre Anwendung sollte jedoch immer gut überlegt und durch Fachärzte begleitet werden.

"In der Perimenopause kann es auch mal sinnvoll sein, für eine kurze Zeit die nicht-bioidentischen Gestagene anzuwenden, die die Follikelreifung stoppen, um die starken Schwankungen zu besänftigen. Auch das ist Teil des Konzepts einer „individuellen Hormontherapie. In unserer Beratung können Frauen lernen, ihre Symptome richtig zu deuten und mit der richtigen Therapieempfehlung geschmeidiger durch den Wechsel zu gehen“ - Claudia Sievers

Bioidentische Hormone: Natürlicher Ersatz mit individuellen Vorteilen

Sievers: "Heute werden fast nur noch bioidentische Hormone für die Menopausale Hormontherapie (MHT, oder auch nur Hormontherapie/ HT) eingesetzt. Sie bieten einfach viele Vorteile und haben sehr wenig Nebenwirkungen.“

Welches sind die bioidentischen Hormone?

Bioidentische Hormone heißen wie unsere Körperhormone Östradiol, Östriol (Östrogene) und Progesteron (Gelbkörperhormon) und werden wie oben erwähnt aus pflanzlichen Quellen gewonnen. 

Wer sich unsicher ist, ob die Frauenärztin bioidentische Hormone verschrieben hat oder nicht, schaut am besten auf den Wirkstoff im Beipackzettel: Wenn die Namen Östradiol/Estradiol /Estradiolvalerat, Estriol oder Progesteron drauf stehen, ist das Präparat bioidentisch. 

Östradiol (Estradiol=englische Schreibweise)/ E2: Östradiol kann als Gel, Spray oder Pflaster über die Haut aufgenommen werden, wodurch es direkt in den Blutkreislauf gelangt und den Leberstoffwechsel umgeht. Das reduziert das Risiko für Thrombosen und Schlaganfälle. Da gerade der Östrogenbedarf auch tagesaktuell schwanken kann (Wetter/Stress/Krankheit) bieten diese Formulierungen den Betroffenen die Möglichkeit, in abspräche mit ihrem Behandler mal einen Hub mehr oder weniger zu nehmen, ohne gleich ein neues Präparat zu brauchen.  Östradiol wirkt gegen Hitzewallungen, fördert einen gesunden Gehirnstoffwecshel, wirkt schützend vor Diabetes und Herzkreislauferkrankungen und fördert einen gesunden Knochenstoffwechsel,

Progesteron: Progesteron ist besonders effektiv bei oraler oder auch vaginaler Anwendung. Oral wirkt es beruhigend, fördert den Schlaf und reguliert den Wasserhaushalt. Es schützt außerdem die Gebärmutterschleimhaut vor übermäßigem Schleimhautaufbau unter Östradiolgabe. Vaginal kann es da besonders effektiv sein, gerade bei Blutungsstörungen. Das ist allerdings eine off-label-Anwendung, die immer ärztlich besprochen werden muss. Viele erleben auch eine ausgleichende Wirkung auf die Stimmung bei Anwendung einer Progesteroncreme auf die Haut, allerdings bietet die transdermale Gabe keinen zuverlässigen Schutz der Gebärmutterschleimhaut, wenn zeitgleich Östradiol verwendet wird. Wenn noch eine Gebärmutter vorhanden ist, muss immer besprochen werden, wie die Schleimhaut bei einer Östradiolgabe geschützt wird.

Östriol/Estriol/E3: Östriol wird oral oder vaginale eingenommen. Es kann in Form von Vaginalzäpfchen oder Vaginalcremes angewendet werden und ist für die Therapie des Urogenitalen Menopausensyndroms gedacht. Darunter versteht man die Verbesserung des Hautzustands von Blase, Harnröhre und Vagina nach dem Nachlassen der körpereigenen Hormonproduktion. Anders als viele vorübergehende Symptome der Wechseljahre bleiben die Folgen des Östrogenabfalls im Urogenitalbereich fast immer bestehen. 

Sievers: “Auch bei Brustkrebspatientinnen kann man nach ärztlicher Absprache unter bestimmten Voraussetzungen eine solche vaginale Östrioltherapie anbieten.”

Vorteile bioidentischer Hormone:

  • Individuelle Anpassung: Bioidentische Hormone können in verschiedenen Darreichungsformen (z.B. Kapseln, Cremes, Pflaster) individuell auf die Bedürfnisse der Patientin abgestimmt werden.
  • Weniger Nebenwirkungen: Studien zeigen, dass bioidentische Hormone als körpereigen erkannt werden, was zu einer geringeren Nebenwirkungsrate führt.4
  • Niedrige Dosis: Die heutigen Dosen werden individuell definiert und bei Bedarf angepasst – der Zielspiegel ist dabei als "niedrig-normales Level“ definiert, bei dem die Frauen sich wohl fühlen. Bei Wohlbefinden muss der Spiegel nicht ständig kontrolliert werden5.
  • Das Motto ist dabei: so viel wie nötig, aber so wenig wie möglich. Die Behandlungs-Leitlinie schreibt allerdings keine Begrenzung der Anwendungsdauer mehr vor.

Synthetische Hormone: Standardisierte Lösungen mit Einschränkungen

Was sind synthetische Hormone?
Synthetische Hormone sind chemische Verbindungen, die den körpereigenen Hormonen ähneln, aber nicht identisch sind. Sie werden standardisiert in Tabletten oder Pflastern angeboten.

Eigenschaften synthetischer Hormone:

  • Standardisierte Dosen: Sie bieten feste Kombinationen von Hormonen an, eine Art „One-size-fits-all“-Lösung, die jedoch tagesaktuell weniger flexibel ist. Allerdings gibt es durch die unterschiedlichen Gestagene und auch unterschiedliche Festdosierungen auch hier einen Spielraum
  • Einschränkungen: Synthetische Hormone haben oft eine stärkere Wirkung auf den Leberstoffwechsel und können zu unerwünschten Nebenwirkungen wie einem erhöhten Risiko für venöse Thromboembolien führen. Das Hauptmanko von Gestagen ist, dass sie eben nicht Progesteron sind, und somit weniger Effekt auf Stimmung und Schlaf haben. Ihr Zweck dient vor allem dem Gebärmutterschleimhautschutz. 

Ein Beispiel für synthetische Östrogene ist Ethinylestradiol, das infolge der Leberverstoffwechslung und somit seines Risikos für Thrombosen und Schlaganfälle,  für die Langzeittherapie menopausaler Beschwerden nicht empfohlen wird. Lange hat man auch eine wilde Östrogenmischung aus dem Urin trächtiger Stuten eingesetzt (equine Östrogene), so auch noch in der großen WHI-Studie aus dem Jahr 2002. In Deutschland spielen diese Präparate keine Rolle mehr. 


Risiko Brustkrebs:

Wenn durch die transdermale Anwendung von Östradiol das Schlaganfall-und Thromboserisiko eliminiert ist, bleibt am Ende eigentlich nur noch ein minimal erhöhtes Brustkrebsrisiko unter einer HT übrig, das sich zwar nicht wegdiskutieren lässt, aber mit einer bioidentischen HT noch einmal um einiges niedriger ist als mit synthetischen Gestagenen. Für die meisten Betroffenen überwiegt der Nutzen einer HT auf diverse Organe deutlich. Einen viel höheren Schadfaktor für die Brust stellen Alkohol, Diabetes, Übergewicht und Rauchen dar. 


Das Wundermittel gegen Wechseljahresbeschwerden?

Bioidentische Hormone können eine wertvolle Ergänzung sein, um die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren auszugleichen und dein Wohlbefinden zu steigern.

"Endlich keine schlaflosen Nächte und schweiß gebadeten Kissen mehr! Die bioidentischen Hormone haben meine Wechseljahresbeschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen und Gelenkschmerzen deutlich gelindert." - Nutzerin von Bioidenten Hormonen

"Bioidentische Hormone können eine wertvolle Unterstützung in und vor allem nach den Wechseljahren sein, aber sie sind kein Wundermittel. Um die Herausforderungen dieser Lebensphase wirklich zu meistern, ist ein ganzheitlicher Ansatz wünschenswert", sagt Claudia Sievers.


Ungesunde Gewohnheiten wie eine unausgewogene Ernährung, Diäten, Bewegungsmangel und Stress hinterlassen Spuren – auch in deinem Hormonsystem. Typische Probleme wie Gewichtszunahme, Heißhunger, Blähbauch oder ein schwaches Bindegewebe lassen sich nicht allein durch Hormone lösen. Auch Schlafstörungen, innere Unruhe und Erschöpfung haben oft verschiedene Ursachen.

Fazit:

Individuelle Entscheidungen für die HT

Die Entscheidung für oder gegen eine Hormontherapie (HT) - und die Wahl der passenden Hormone sollten immer in Absprache mit einem Arzt oder einer Ärztin getroffen werden. Um die optimale Therapie für dich zu finden, sollten deine individuellen Bedürfnisse und deine gesundheitliche Situation berücksichtigt werden. Sprich mit deinem Arzt oder deiner Ärztin über deine Krankheitsgeschichte, genetische Prädispositionen, Symptome und Beschwerden.

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Wie hermaid dich unterstützt

Unsere Online-Ärzte bei hermaid stehen dir zur Seite, um deine Fragen zur HT zu klären. Sie helfen dir, dich auf Arztgespräche vorzubereiten, deine Anliegen zu formulieren und mögliche Behandlungsoptionen zu verstehen. Wichtig: Dies ersetzt nicht den Besuch bei deiner lokalen Ärztin oder deinem Arzt deines Vertrauens. Obwohl sie keine Rezepte ausstellen, können sie dir Hinweise zu Supplements oder HT geben und dich dabei unterstützen, die beste Entscheidung für deine Gesundheit zu treffen.

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hermaid wird als Mitarbeiterinnen-Benefitsprogramm angeboten, um Frauen in den Wechseljahren zu unterstützen

Fragen unserer Nutzerinnen:

Kann eine Hormontherapie (HT) auch gleichzeitig als Verhütungsmittel eingesetzt werden?
Antwort: Eine bioidentische HT mit Östradiol und Progesteron wirkt nicht als Verhütungsmittel. Wenn du allerdings eine HT mit synthetischen Gestagenen anwendest, dann wirkt dies in aller Regel auch verhütend. Wenn Du eine HT mit Östradiol und Progesteron verwendest, kannst Du z.B. zusätzlich noch eine Spirale (mit Kupfer oder Hormon) zur Verhütung nutzen.

Ich nehme die Pille / einen Verhütungsring. Kann ich trotzdem bioidentische Hormone einnehmen?
Antwort: Ja, das geht. Es ist oft sogar eine sinnvolle Kombination: Eine Mono-Gestagen-Pille, die zur Verhütung genutzt wird, lässt sich mit bioidentischem transdermalem Östradiol  kombinieren. Insbesondere eignet sich die Kombi bei starken Hormonschwankungen in der Perimenopause. Da kann man drei Fliegen mit einer Klappe schlagen: mit dem Gestagen verhüten und die Hormonschwankungen glätten und mit bioidentischem transdermalen Östradiol den ggfs schon einsetzenden Östrogenabfall bei Beschwerden ausgleichen. Ein Kombination mit dem Verhütungsring ist jedoch nicht sinnvoll. 

Übernimmt die Krankenkasse die Kosten für bioidentische Hormone?
Antwort: Die Kosten für zugelassene Präparate der bioidentischen Hormone werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Individuell zusammengemischte Rezepturen aus der Apotheke sind meist keine Kassenleistung. Auch Testosteron oder DHEA werden oftmals nicht erstattet, obwohl die Ersatztherapie mit diesen Hormonen ebenfalls für viele Frauen sinnvoll sein können. Testosteron hilft beispielsweise gegen Energielosigkeit und Muskelabbau.

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